Stipendien

Generiert strategisches Management politische Leitbilder?

Sabine Marion Burggräf promoviert über die IBA Emscher Park. Umfangreiche Aktenrecherchen, Experteninterviews und Korrespondenzen mit Zeitzeugen prägen die erste Arbeitsphase ihrer Dissertation.

15.12.2012

Das Aufgabenfeld Projektmanagement hat im Rahmen öffentlicher Großprojekte an Bedeutung gewonnen. Mit zunehmender Komplexität eines Bauvorhabens ist zu beobachten, dass der Anteil administrativer Tätigkeiten im Verhältnis zu originären planerischen Leistungen steigt. Der Einsatz von Experten aus dem Bereich des Projektmanagements ist durch die Zunahme rechtlicher, ökonomischer, politischer und ökologischer Vorgaben unumgänglich geworden. Eine kompetente Übernahme von organisatorischen, steuernden Aufgaben bestimmt das Arbeitsfeld. Dies verdeutlicht, dass sich die Aufgaben des Architekten als Planer maßgeblich verändert haben.

Auffällig ist, dass das Projektmanagement oftmals nicht von Architekten, sondern anderen Fachdisziplinen bekleidet wird, die als fachliche Laien steuernd in Bereiche der Planung eingreifen. Der Planer wird einem Managementsystem unterstellt und kann oftmals nur noch verringerten Einfluss auf inhaltliche Qualitäten nehmen. Dies birgt große Risiken hinsichtlich der Gesamtqualität des Gebauten.

Die Konstituierung eines interdisziplinären Expertenteams kann die Chance für eine qualitativ hochwertige Umsetzung unter Berücksichtigung differenter gesellschaftlicher Anforderungen erhöhen. Es besteht jedoch auch hier die Gefahr, dass durch die Komplexität und eine nicht auf den Planungsinhalt konzentrierte Steuerung die eigentliche Projektqualität verloren gehen. Doch wer kann und sollte der „Betreiber der Planung“ sein, um ein bestimmtes, bezogen auf die gestalterische, funktionale und materielle Qualität hochwertiges Planungsziel zu erreichen? Diese Frage ist Gegenstand meiner durch die Stiftung Deutscher Architekten geförderten Dissertation an der TU Dortmund.

Im Fokus steht die IBA Emscher Park GmbH, deren Gründung durch die Landesregierung NRW im Mai 1988 beschlossen wurde. Ziel war die ökologische, ökonomische und soziale Verbesserung des nördlichen Ruhrgebietes. Mit der Umsetzung von etwa 120 Projekten sollten Impulse gesetzt, neue Methoden angeboten, urbane Qualitäten verbessert werden. Das zehnjährige Strukturförderprogramm hat einen offenen Planungsprozess angestoßen, um ein Umdenken zu provozieren, neues Selbstbewusstsein zu verleihen und zu zeigen, wie Planung organisiert und legitimiert werden kann. Zu bewerten ist der Zusammenhang zwischen dem Planungsinstrumentarium IBA und den erbrachten Qualitäten.

Im Rahmen der Dissertation wird das methodische Vorgehen der interdisziplinär besetzten IBA zur Akquisition, Auswahl und Realisierung der Projekte untersucht. Ziel ist es, den Prozess vom Projektantrag durch Dritte bis zur Realisierung durch die IBA transparent zu machen. An vier Fallbeispielen aus den IBA-Themenfeldern „Arbeiten im Park“ (Innenhafen Duisburg), „Emscher Landschaftspark“ (Stadtteilpark Recklinghausen), „Industriekultur und Tourismus“ (Gasometer Oberhausen) und „Wohnen in der Siedlung“ (Schüngelberg Gelsenkirchen) wird analysiert, inwieweit aktiv Einfluss auf Planungsinhalte und -qualitäten genommen wurde und was dies für die Gesamtqualität der Projekte bedeutet(e).

Die Projektanalyse des Gasometers in Oberhausen ist nahezu abgeschlossen. Hier zeigt sich sehr deutlich, wie groß der Planungseinfluss durch institutionelle Strukturen gewesen ist. Insbesondere das (Mit-)Wirken von besonderen Persönlichkeiten der beteiligten Projektpartner, Kooperationen, Interdisziplinarität, ökonomisch-politische Verhältnisse haben Einfluss auf Planungsinhalte genommen und das heutige Erscheinungsbild und die Nutzung des Gebäudes maßgeblich geprägt. Ohne das Experiment IBA würde es den Gasometer heute nicht mehr geben.

15.12.2009 – Sabine Marion Burggräf