Hands-On

Der Planungsnachwuchs packt mit an

Die zweite Runde des Projekts „Hands-on“ der Stiftung Deutscher Architekten, bei dem Nachwuchsplanerinnen und -planer aus Nordrhein-Westfalen ein Selbstbauvorhaben im Ausland realisieren, ist erfolgreich zu Ende gegangen. Erschöpft, aber glücklich und voller neuer Eindrücke kehrten die zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedenen Fachrichtungen sowie der Leiter des Projekts, Architekt Jan Glasmeier, Ende Februar nach NRW zurück.

17.03.2025

Geschafft: Die Teilnehmer*innen des zweiten „Hands-on“-Projektes der Stiftung Deutscher Architekten posieren vor ihrem Werk.
© Alessandra Esposito

Zuvor hatte die Gruppe sechs Wochen im Norden Thailands verbracht, wo sie in der Grenzregion zu Myanmar eine Schule baulich erweiterte. Ein Projekt, das für die jungen Erwachsenen interkulturelles Lernen erfolgreich mit sozialem Engagement verband. 400 Schülerinnen und Schüler im Alter von drei bis 17 Jahren, die aus Krisenregionen in Myanmar flüchten mussten, verfügen jetzt über vier neue Klassenräume zum Lernen und Leben. Und die Absolventinnen, Junior- Mitglieder der AKNW sowie Nachwuchs- Planerinnen profitierten von reichlich Erfahrung mit so ganz anderen Planungs und Bau- Bedingungen als hierzulande – und nahmen jede Menge Erkenntnisse zu traditionellen und ökologischen Bauweisen sowie neue Perspektiven für sich mit.

Im Jahr 2024 hatte die Stiftung Deutscher Architekten dem Planungs-Nachwuchs aus NRW zum ersten Mal die Gelegenheit geboten, im Rahmen eines Reisestipendiums an einem Selbstbauprojekt teilzunehmen. Wie schon im vergangenen Jahr führte es die Gruppe um Jan Glasmeier, Inhaber des Architekturbüros Simple Architecture (London/Gelsenkirchen), wieder nach Thailand. Grund war, dass die geknüpften Kontakte weiter genutzt werden konnten. Denn die Stiftung Deutscher Architekten wollte sicher sein, mit ihrem Vorhaben auf erfolgreichen Fundamenten aufzubauen.

„Wir haben uns wieder für Thailand entschieden, weil wir hier ein Projekt gefunden haben, mit dem wir uns in bestehende
Strukturen einbinden konnten“, erläutert Markus Lehrmann, Geschäftsführer der Stiftung Deutscher Architekten. Die für das Projekt ausgewählte Schule in Mae Sot habe über Jahre bewiesen, dass sie vielen zum Teil ohne Eltern geflüchteten Kindern neue Perspektiven und vor allem Bildung bieten kann. „Wir wollen mit unserem Gebäude einen kleinen Anteil dazu beitragen, dass es weitergeht“, so Lehrmann.

Das zweite „Hands-on“-Projekt startete Mitte Januar, zunächst mit dem Kennenlernen des Ortes und der Gegebenheiten. „Wir hatten keinen konkreten Entwurf in der Tasche, auch noch keine Entwurfsidee. Wir haben hier von Grund auf angefangen, mit dem Aufmaß, Höhenunterschiede des Geländes ermitteln, erste Vordimensionierung abstecken“, berichtet Teilnehmer Jonathan Wiedemann. Architekt Jan Glasmeier erläutert, dass es im Vorfeld bewusst keine konkrete Aufteilung der Aufgaben gegeben habe. Das ist das Prinzip der „Hands-on“- Projekte: „Es sollen sich je nach Talent, Neigung und Interessen Gruppen zusammenfinden, die Aufgaben übernehmen, planen und umsetzen.“

Besonders war für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kontakt zu den örtlichen Fachleuten und lokalen Handwerkern, die in die regionale Bauweise einführten und erläuterten, wie vor Ort vorhandene Materialien wie Lehm, Sand, Reishülsen, Tapiokastärke, Eukalyptus, recyceltes Holz und Metall eingesetzt werden. „Nicht wir sind hierher gekommen und haben Menschen vor Ort die Welt erklärt. Es war genau umgekehrt. Wir haben viel gelernt“, so Markus Lehrmann.

So wurden 3750 Lehmsteine hergestellt, 8,5 Kubikmeter Fundament gegossen und 150 Quadratmeter gebrannte Ziegel für den Boden verlegt. Am Ende war natürlich alles Teamarbeit – von der Theorie bis zur Praxis: „Zum Entwurf der Fassade haben wir uns an einem Abend alle zusammengesetzt, unsere Skizzen zusammengetragen und dann geschaut, wie man daraus eine gemeinsame Version entwickeln kann“, erinnert sich Teilnehmerin Leonie Beisler. Mitstreiterin Anna Schmidt berichtet: „Es gab aber auch immer mal wieder Phasen, in denen wir direkt auf der Baustelle Ideen und Entwürfe einfach ausprobiert haben – und vor Ort dann überlegt haben, wie es noch besser gehen könnte.“

Im Ergebnis ist in den sechs Wochen ein Gebäude mit vier gleichgroßen Klassenräumen entstanden, die über eine überdachte Veranda miteinander verbunden sind. Jede Fassadenseite wurde den Gegebenheiten im Gelände individuell angepasst, wodurch ein sehr simples, smartes Gebäude mit verschiedenen Öffnungen und Raumhöhen von bis zu 3,70 Meter entstanden ist. Es misst zehn Meter in der Breite und 18 Meter in der Länge, während die Dachfläche aufgrund des Dachüberstands 240 Quadratmeter umfasst.

Sechs Wochen Arbeit in einer Krisenregion – das hat die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „Hands-on“-Projektes auch betroffen gemacht. Angesichts der schwierigen Lebensbedingungen der Schülerinnen und Schüler, die vor Ort zum Teil auch Obdach finden, initiierten die jungen Planer*innen parallel eigenständig eine Spendenaktion, um die Schlafräume der Kinder zu verbessern. Dank einer Spende des „Old Table Düsseldorf“ konnten zudem Tanks zur Wasserversorgung installiert, neue Tafeln angeschafft, das WC-Häuschen renoviert und Strom in die Klassenräume verlegt werden.

So ist ein bemerkenswertes Projekt entstanden, mit dem sowohl die Nutzer als auch die Teilnehmenden voll zufrieden sind. Junior-Architekt Kai Giesler bringt es auf den Punkt: „Es war eine sehr intensive Zeit, und wir sind stolz auf das, was wir hier geschafft und gelernt haben.“