Stipendien Karl Ganser wurde 1937 im bayrischen Mindelheim geboren und studierte Chemie, Biologie und Geographie an der Technischen Hochschule München. Nach seiner Promotion und Assistenzzeit am dortigen Geographischen Institut wurde Ganser Projektleiter im Stadtentwicklungsreferat der Landeshauptstadt München, wo er auch für die Olympischen Spiele plante. Nach seiner Habilitation wurde er Leiter des Instituts für Landeskunde in Bonn, der späteren Bundesforschungsanstalt für Landes- und Raumkunde. Von 1980 bis 1989 war Ganser Abteilungsleiter Städtebau im Ministerium für Landes- und Stadtentwicklung des Landes NRW unter der Führung von Christoph Zöpel. Nach einem Besuch der „Internationalen Bauausstellung 1987“ in Berlin schlug Ganser seinem Minister eine „Internationale Bauausstellung“ als Strukturförderprogramm für das nördliche Ruhrgebiet vor. Als Geschäftsführer lenkte Ganser von 1989 bis 1999 maßgeblich die Geschicke der „IBA Emscher Park“. Die IBA Emscher Park war mit ihren 119 Initiativen als Impuls für eine Erneuerung im städtebaulichen, sozialen, kulturellen wie auch ökologischen Bereich angelegt. Verbunden mit einem Anspruch auf Modellhaftigkeit lautete ihr Untertitel „Werkstatt für die Zukunft alter Industriegebiete“. Wichtiges Credo: Die Reaktivierung der Flächen dürfe nicht zum Verlust ihrer Geschichtlichkeit führen, da diese essentiell für die räumliche und städtebauliche Identitätsbildung in der Region sei. Somit konnten durch die IBA Emscher Park wichtige Zeugnisse der Industriekultur erhalten und darüber hinaus für eine breitere Öffentlichkeit erlebbar ge-macht werden. Die IBA stieß einen bedeutenden Wandel in der Wahrnehmung und Rezeption der Metropolregion an. Die Zeche Zollverein, lange Zeit negativ konnotiert mit dem Niedergang der Montanindustrie, entwickelte sich zu einem „Ausrufezeichen des Strukturwandels“, wie Andreas Rossmann am 19.11.2011 in der FAZ schrieb. Die „Europäische Kulturhauptstadt Ruhr 2010“ versuchte den Faden aufzunehmen und verstand sich selbst als Nachfolgeinstitution der IBA Emscher Park. Neben bereits bekannten und publizierten Inhalten zählen zum Bestand des Nachlasses Ganser im Baukunstarchiv NRW Korrespondenzen, Aktennotizen und Vortragsmanuskripte, die neben zahlreichen anderen Initiativen neue Einblicke in bedeuten-de Projekte wie die IBA Emscher Park oder die RUHR.2010 gewähren. Das Material legt Hintergründe offen und zeichnet politische Debatten auf unterschiedlichen Ebenen nach. In Brief-wechseln und Vortragsmanuskripten blickt Ganser zurück, bewertet und wagt einen Ausblick etwa auf die Regionalpolitik im Ruhrgebiet. Eine Dankesrede, die er anlässlich der Verleihung des „Obayashi Prize“ 2006 in Japan hielt, zeugt davon. Verschiedene Kartons mit Archivmaterial zu Auslandskontakten gewähren einen Einblick in die Rezeption der Bauausstellung auch auf internationaler Ebene. Zahlreiche Publikationen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen sind dem Thema IBA Emscher Park und der Metropole Ruhr gewidmet. Der Bestand „Ganser“ im Baukunstarchiv NRW bietet nun die einmalige Möglichkeit, den aktuellen Forschungsstand zur jüngeren Geschichte der Architektur und des Städtebaus des Ruhrgebietes um die Perspektiven, die die wissenschaftliche Erschließung des persönlichen Nachlasses Karl Gansers eröffnen, zu erweitern. Dr. Anna Kloke forscht als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Technischen Universität Dortmund zur Geschichte der Architektur und des Städtebaus im Ruhrgebiet. Als Mitglied der AKNW wurde sie 2022 von der Stiftung Deutscher Architekten für ein Habilitationsstipendium ausgewählt. Dr. Anna Kloke – 1.6.2022Karl Ganser: Vordenker eines neuen Ruhrgebiets
Die IBA – Werkstatt für das Ruhrgebiet und darüber hinaus
Der Bestand „Ganser“ im Baukunstarchiv NRW
Forschungsstand erweitern
Weitere Infos und Bilder unter www.stiftung-deutscher-architekten.de